„Macht auf der Straße“

Christa Lübbers, Leiterin der  Soko BEGAS, ist im Portrait abgebildet. Sie lächelt. Im Hintergrund sind verschwommen graue Strukturen eines Raumes zu sehen.
„Macht auf der Straße“
Seit zwei Jahren gibt es die Soko BEGAS. Deren Leiterin Christa Lübbers spricht von „Banden, deren Mitglieder schnell angelernt und beliebig ausgetauscht werden können“. Ihre Herkunft: die Niederlande.
Streife-Redaktion

Interview mit Christa Lübbers, Leiterin der  Soko BEGAS

Frau Lübbers, was wissen Sie über die Täter der Geldautomaten-Sprengungen? 

Lübbers: Die Täter, die hier in Nordrhein-Westfalen in Erscheinung treten, sind 18- bis 35-jährige Männer, die aus prekären Verhältnissen der großen niederländischen Städte Amsterdam, Utrecht oder Rotterdam stammen. Viele von ihnen sind arabischstämmig, zweite bis vierte Einwanderungsgeneration. Die bekommen schnelle Autos und Geld, haben durch ihre Taten einen gewissen „Fame“ und genießen so etwas wie „ihre Macht auf der Straße“.

Wir sprechen also von Banden, aber wer sind die Hintermänner? 

Lübbers: Nicht von Banden im strafrechtlichen Sinne – denn die Organisatoren, die Profiteure und die Sprenger bilden keine gemeinsame Gruppe. Die Gewinne werden später auch nicht gerecht unter den Beteiligten aufgeteilt. Bei der dahinterliegenden Struktur reden wir vielmehr von skrupellosen Kriminellen, die sich dieser jungen Männer bedienen, um Geld für ihre kriminellen Machenschaften zu gewinnen. Wir sprechen bei den Hintermännern von Organisierter Kriminalität. In den Niederlanden hat man das Problem der Geldautomaten-Sprengungen in den Griff bekommen, aber es hat sich verlagert. Nun geht es um Schutzgelderpressungen und um Sprengungen ganzer Wohn- und Geschäftshäuser. 

Das klingt beinahe nach einem aussichtslosen Kampf für die Polizei …

Lübbers: Das ist vor allem ein gesellschaftspolitisches Problem. Bei den Sprengern handelt es sich um junge Männer, die für sich keine Perspektive sehen, sich legal einen gewissen Wohlstand zu erarbeiten. Sie lassen sich leicht für kriminelle Aktivitäten anwerben. Die Niederländer haben dies spätestens als Problem der inneren Sicherheit erkannt, nachdem der Journalist Peter de Vries getötet und nun auch Prinzessin Amalia bedroht wurde. Dort arbeiten die betroffenen Regionen in einem Kompetenzdreieck aus Kommune, Polizei und Justiz gemeinsam daran. Umso wichtiger ist es für uns als Nachbarland Nordrhein-Westfalen, viel Manpower zu investieren und frühzeitig die Grenzen eines demokratischen Staats aufzuzeigen.
 

In dringenden Fällen: Polizeinotruf 110